Die Fraktion “Bürger für Hohenlockstedt“ [BfH] informiert über Beratungen und Entscheidungen der Gemeindevertretung und der Fachausschüsse, sowie über aktuelle Themen aus Hohenlockstedt.
Straßenausbaubeiträge
(ein Bericht von Claudia Belitz-Hempel, Birgit Payonk und Carsten Fürst)
In der Sitzung des Ausschusses für Finanzen und Wirtschaft am 19. Juni 2024 wurde auf Antrag der CDU-Fraktion über die Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde Hohenlockstedt beraten. Nach dieser Satzung sind Eigentümer von Grundstücken zu einem bestimmten Prozentsatz an den Kosten für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau ihrer Straßen zu beteiligen, sofern diese davon einen Vorteil haben. Nicht betroffen sind hingegen laufende Unterhaltungs- oder Ausbesserungsmaßnahmen.
Die CDU-Fraktion schlägt die sofortige Aufhebung dieser Satzung vor. Aktuell stehen die Erneuerung des Lohmühlenwegs sowie der (Kleinen) Kolberger Straße und der Küstriner Straße an.
Die BfH -Fraktion spricht sich gegen eine Aufhebung dieser Satzung aus. Es ist aus unserer Sicht verantwortungslos, zukünftig von einer Erhebung von Straßenausbaubeiträgen abzusehen.
Selbstverständlich sehen auch wir die erhebliche finanzielle Belastung der betroffenen Anlieger und verstehen den persönlichen Unmut darüber. Als Gemeindevertreter tragen wir jedoch die Verantwortung für die gesamte Gemeinde und nicht nur für die Anlieger einzelner Straßen.
Im Jahr 2018 wurde die bis dahin geltende gesetzliche Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträge vom Land Schleswig-Holstein abgeschafft. Seitdem dürfen die Kommunen eigenständig über die Finanzierung der Straßen-ausbaumaßnahmen entscheiden. Die finanzielle Ausstattung der Gemeinden wurde seitens der Landesregierung, abgesehen von der Zahlung eines geringen Betrages, nicht verbessert.
Die Amtsverwaltung hatte vor einigen Jahren einen Experten für Kommunalrecht beauftragt, mit einem Vortrag die kommunalen Entscheidungsträger über die Vor- und Nachteile der Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen zu informieren. Leider waren aus Hohenlockstedt nur Vertreter unserer Fraktion dabei. Als Ergebnis dieser Informationen haben wir die Initiative ergriffen und die Gemeindevertretung hat im Jahr 2020 auf unseren Antrag und mit Unter-stützung der SPD-Fraktion (gegen Stimmen aus der CDU-Fraktion) die Straßen-ausbaubeiträge deutlich reduziert (bei Anliegerstraßen von 85% auf 60%, bei Erschließungsstraßen von 55% auf 40% und bei Hauptverkehrsstraßen von 35% auf 20%), um die Anlieger finanziell zu entlasten.
Ein völliger Verzicht auf den Beitrag der Anlieger hätte zur Folge, dass entweder die gemeindeeigenen Steuern (Grundsteuer / Gewerbesteuer) erhöht oder andere wichtige Investitionen gestrichen werden müssen oder gar keine Straßensanierungen mehr durchgeführt werden können.
Die Finanzierung des Straßenausbaus ausschließlich über die gemeindlichen Grundsteuereinnahmen würde zwar die betroffenen Grundstückseigentümer entlasten, bedeutet dann aber für alle Einwohner eine erhebliche Mehrbelastung durch steigende Grundsteuerhebesätze. Da Vermieter die Grundsteuer-belastung, im Gegensatz zu den Ausbaubeiträgen, auf ihre Mieter umlegen können, bedeutet dies auch eine höchst unsoziale Lastenverschiebung von (ggf. vermögenden) Grundstückseigentümern zu Mietern (mit geringem oder mittlerem Einkommen). Auch Gewerbebetriebe, die eine hohe Verkehrs-belastung verursachen, können ohne Ausbaubeiträge nicht mehr an den Kosten eines erforderlichen Straßenausbaus beteiligt werden.
Nach unserer Einschätzung belastet ein zumindest teilweise beitragsfinanzierter Straßenausbau die Bürgerinnen und Bürger insgesamt weniger als ein aus-schließlich steuerfinanzierter Straßenausbau. Die Ausbaubeiträge können in Ratenzahlungen über 20 Jahre verteilt geleistet werden. Beim Verkauf einer Immobilie kann die Restsumme auf den neuen Eigentümer übertragen werden.
Im Falle eines steuerfinanzierten Ausbaus zahlen die Bürgerinnen und Bürger hingegen „lebenslang“. Zudem haben sie keine Garantie, dass überhaupt Straßen ausgebaut werden, da Steuereinnahmen nicht zweckgebunden sind und nach der jeweiligen Haushaltslage vorrangig für andere Zwecke verwendet werden müssen. Auf der anderen Seite wird die Erwartungshaltung der Anlieger für den Ausbau der eigenen Straße deutlich ansteigen. Der Druck auf die Gemeinde zum Ausbau der Straßen und auch die Erwartungen hinsichtlich der Gestaltung der Straßen wird ansteigen, während die finanziellen Fähigkeiten der Gemeinde beschränkt werden.
Wir wissen nicht, wie sich die finanzielle Situation der Gemeinde in der Zukunft entwickelt. Verzichten wir heute auf Ausbaubeiträge, kann es sein, dass wir diese in einigen Jahren wieder erheben müssen. Dann haben die Anlieger einiger Straßen profitiert, während Anlieger, die ihre Straßenausbaubeiträge aus vor-herigen Straßenerneuerungen bezahlt haben oder immer noch bezahlen, den Ausbau anderer Straßen über die Grundsteuern mitbezahlen müssen. Das ist aus unserer Sicht keine Gerechtigkeit.
Weder der Bund noch das Land unterstützen die Kommunen beim Ausbau der gemeindlichen Infrastruktur. Deshalb haben bislang lediglich besonders finanz-starke Gemeinden (die finanziell dazu in der Lage sind) und besonders finanz-schwache Gemeinden (die ohnehin schon über Fehlbetragszuweisungen vom Land finanziert werden) auf Ausbaubeiträge verzichtet. Es gibt aber auch bereits Gemeinden (Heikendorf) die die Wiedereinführung der Beitragspflicht beschlos-sen haben.
Wir haben in den kommenden Jahren viel vor. Ein Ärztezentrum wird dringend gebraucht, die Schule benötigt ein neues Gebäude für den offenen Ganztag. Ein Gemeindehaus soll entstehen, welches von allen Bürgern, Vereinen und Verbänden genutzt werden kann. Das Lohmühlengebäude muss saniert werden, die Gemeindebücherei vergrößert usw. (OEK Hohenlockstedt). Dafür benötigen wir finanzielle Mittel, die teilweise über Kredite finanziert werden müssen. Die Kommunalaufsicht des Kreises ist sehr darauf bedacht, dass die Gemeinde alle Möglichkeiten der Einnahmeerzielung ausschöpft und genehmigt ansonsten nicht die erforderliche Kreditaufnahme.
Dieses sind einige Gründe, weshalb wir uns gegen eine Abschaffung der Straßen-ausbaubeiträge aussprechen. Wir möchten aber gerne erneut die Höhe der Aus-baubeiträge überprüfen. Vielleicht ist eine weitere Absenkung der Beitragssätze möglich. Zudem sollte auch die Zinsbelastung bei einer Ratenzahlung deutlich vermindert werden.
Wir möchten uns daher wieder rechtlich beraten lassen. Vielleicht haben sich in den vergangenen Jahren neue Sichtweisen oder Möglichkeiten ergeben. Deshalb möchten wir über die Gemeindevertretung erneut einen Experten zu einem Vortrag einladen und damit allen Gemeindevertreterinnen und Gemeinde-vertretern sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, sich ein eigenes Bild über die Vor- und Nachteile der Erhebung von Straßen-ausbaubeiträgen zu machen. Wir können uns auch vorstellen, die endgültige Entscheidung in die Hände aller Bürgerinnen und Bürgern zu legen und eine Einwohnerbefragung oder einen Bürgerentscheid durchzuführen.
Termine
Die nächste Fraktionssitzung mit Bürgersprechstunde nach der Sommer-pause wird voraussichtlich am 9. September 2024 ab 19 Uhr im Rathaus Hohenlockstedt stattfinden. Wir wünschen Ihnen bis dahin eine erholsame Sommerpause, schöne Urlaubstage und sonniges Sommerwetter.
Carsten Fürst